Teamwork.

Von der Idee zur einsatzbereiten CARO.

Die Entwicklung eines neuen Medizinprodukts ist ein komplexer Prozess, der eine abgestimmte Zusammenarbeit der Teams für Produktinnovation, Projektmanagement, Systemarchitektur und Usability erfordert. Dies war auch bei unserem neuen mechanischen Insufflator-Exsufflator CARO der Fall, der 2025 auf den Markt kommen wird. Bianca Reißmann und Lars Tacken teilen ihre Erfahrungen und betonen, wie wichtig eine effektive Sekretmanagementtherapie für sie als Betroffene ist.

Wie alles anfängt.

Bei Löwenstein liegt der Ausgangspunkt für Innovation meist in der Vorentwicklung. Dr. Christof Göbel, Leiter des Teams Produktinnovation in Hamburg, gibt uns einen Einblick in diesen spannenden Prozess. Sein Team besteht aus sieben engagierten Expertinnen und Experten.

Die Bedeutung der Vorentwicklung.

„Vorentwicklung bedeutet vor allem, dass wir die frühen Konzepte für neue Plattformen entwickeln“, erklärt Christof Göbel. „Wir denken dabei ebenso über technologische Ansätze nach wie über Produktdesign und bringen diese Perspektiven zusammen, um eine erste Produktvision zu entwickeln oder zu konkretisieren.“ Diese frühen Schritte in der Gestaltung können entscheidend sein als Grundstein für innovative und zukunftsfähige Geräte.

Der Beginn als Herausforderung.

Der Beginn eines Projekts kann herausfordernd sein. „Es gibt Projekte, bei denen man am Anfang beinahe noch vor dem „weißen Blatt Papier“ sitzt“, sagt Christof Göbel. „Weder ist die Anforderungsseite schon umfassend definiert, noch gibt es auf der Lösungsseite bereits die eine konkrete Vision. Wir generieren oder konkretisieren mit unserer Arbeit die Produktvision – zusammen mit dem Produktmanagement – dabei sind wir oft gleichzeitig auf diesen drei Ebenen unterwegs: Produktanforderungen, Technologie und Produktdesign.

Das bestehende Portfolio als Ausgangspunkt.

Ein etwas komfortablerer Part der Vorentwicklung und ein großer Vorteil für ein Unternehmen, das schon so lange am Markt ist, ergibt sich aus der im Unternehmen vorhandenen Erfahrung und im Rückgriff auf das bestehende Portfolio. „Da wir viel Erfahrung mit Technologie haben und schon verschiedene Plattformen gebaut haben, muss der Einstieg in ein neues Gerät nicht immer schwer sein. Man kennt Lösungsansätze und hat damit einen guten Ausgangspunkt für die Neuentwicklung eines Gerätes oder die Weiterentwicklung von Technologie.“ Herausfordernder kann es bei kompletten Neuentwicklungen und Erweiterungen des Produktportfolios werden, wie beispielsweise unserem ersten mechanischen Insufflator-Exsufflator (MI-E) CARO.

Die Entwicklung von CARO.

Die Entwicklung von CARO ist ein besonders spannendes Kapitel in der Geschichte von Löwenstein; es wird unser erstes eigenes Gerät zur Unterstützung des Hustens. „Das Thema Sekretmanagement hat eine lange Geschichte bei Löwenstein. Wir haben uns bereits mit dem Insufflationsmanöver LIAM (Lung Insufflation Assist Maneuver) beschäftigt. Das war eine Funktion in der Ventilogic LS, unserem ersten Gerät zur lebenserhaltenden Beatmung, das 2008 auf den Markt kam, und später im prisma VENT. Denn auch schon mit der reinen Insufflation lässt sich unter ganz bestimmten Bedingungen der Hustenstoß verbessern. Erst Jahre danach wurde dann entschieden, ein eigenes Gerät zu entwickeln, das quasi „vollständig“ den Husten unterstützt, also durch eine mechanische Insufflation und Exsufflation“, erzählt Christof Göbel.

Bianca Reißmann und Lars Tacken über die Bedeutung der Sekretmanagementtherapie für Betroffene.

Unser Interview mit Bianca.

Mit Bianca und ihrem Mann Andreas wurde 2020 der Film „Überall durchatmen mit LUISA und Bianca“ in St. Peter-Ording gedreht. Bianca ist seit ihrer Geburt an progressiver Muskeldystrophie erkrankt. Im Frühjahr 2024 trafen wir Bianca wieder und sprachen über den letzten Dreh, ihre Empfindungen, Ziele, Wünsche und über den mechanischen Insufflator-Exsufflator CARO.

Bianca, wie geht es dir seit unserem letzten Treffen?

Ihr habt mir gefehlt! Ich erinnere mich gerne an unseren Dreh. Das war ein Highlight für mich und ein schönes Erlebnis mit einer großartigen Crew. In der Zwischenzeit war Corona mit den bekannten Einschränkungen. Ich konnte meine geplante Antarktisreise nicht antreten. Der Traum ist noch da. Ich möchte die Eisfelsen in natura sehen und die Kälte spüren, die mich fasziniert.

Was bedeutet für dich ein effektives Sekretmanagement im Alltag? 

Ein effektives Sekretmanagement im Alltag ist immens wichtig für mich. Durch meine körperlichen Einschränkungen kann ich das Sekret selbstständig nicht gut abhusten. Der MI-E hilft mir dabei, die körperliche Kraft, die ich nicht besitze, zu ersetzen, und unterstützt mich beim Abhusten des Sekrets. Es bedeutet für mich Erleichterung. Es ist von Vorteil, dass CARO kompakt und mobil ist. Ich kann sie überallhin mitnehmen. Von der Handhabung her ist sie leicht zu verstehen. Auch in Notfällen finde ich schnell Hilfe, die ich direkt anwenden kann.

»Ich bin ein Mensch, der sich austestet. Wenn ich merke, es wird anstrengend, bedeutet das für mich, dass ich noch lebe.«

- Bianca

Unser Interview mit Lars.

Im Film „Überall durchatmen mit LUISA und Lars“ von 2020 war Lars Protagonist. Sein Temperament, seine Willenskraft und pure Lebensfreude sind deutlich im Film und ebenfalls während des Interviews im Frühjahr 2024 zu spüren. Lars Behinderung geht damit einher, dass sich ab seiner Kindheit die Wirbelsäule verdreht und Schädigungen am Rückenmark die Folge sind. Er benötigt nicht durchgängig, jedoch zum Schlafen und zum Ausruhen Beatmungsunterstützung. Im Frühjahr 2024 trafen wir Lars erneut und unterhielten uns mit ihm über die Ereignisse in seinem Leben seit unserem letzten Dreh sowie über unseren neuen mechanischen Insufflator Exsufflator CARO.

 

Wie geht es dir? 

Moin, mir geht es gut. Es ist vier Jahre her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich habe es geschafft, in Corona nicht wahnsinnig zu werden und nicht an Corona zu erkranken. Und ich bin stolzer Onkel meiner kleinen Nichte Stefanie geworden.

Was ist für dich wichtig bei einem MI-E, wenn du unterwegs bist? 

Wichtig an einem MI-E ist für mich, dass ich ihn gut auf Reisen mitnehmen kann. Er darf nicht zu groß sein und muss eine praktische Tasche besitzen. Wenn ich für einen Tag verreise, bleibt das Gerät zu Hause. Aber wenn ich längere Zeit unterwegs bin, nehme ich meinen MI-E mit und trainiere damit. Mir wird immer gesagt, das sei „Zähneputzen für die Lunge“. Mein Oberkörper ist versteift und ich kann ihn überhaupt nicht bewegen. Ein MI-E bewegt die Lungen und die Rippen und hilft mir.

Empfindest du die Sekretmanagementtherapie als positiv bzw. kannst du danach besser atmen?

Ich glaube, vom Gefühl her selbst ist es komplett neutral. Vielleicht ist es zu vergleichen mit einer Dehnung beim Laufen, dass der Körper in Form bleibt. Nach der Behandlung mit dem MI-E fühlt sich mein Körper normal an. Ich selbst merke keinen wirklichen Unterschied.

Hilft dir dein MI-E dabei, wenn du einen Infekt hast?

Ich hatte in meinem Leben zwei Lungenentzündungen. Beim ersten Mal musste der Notarzt kommen. Da stand es sehr ernst um mich. Es musste die Beatmung geregelt werden und ich hatte zu Hause keine Sekretabsaugung. Das war sehr knapp. Bei meiner zweiten Lungenentzündung hatte ich bereits einen MI-E. Wir sind nur zur Sicherheit nochmal ins Krankenhaus gegangen. Was in der Nachbetrachtung aber nicht nötig war, so das Feedback.

»Wenn ich krank bin, gibt mir dieses Gerät Sicherheit, weil ich weiß, ich muss nicht an meinem Sekret ersticken.«

- Lars

»Wir wünschen Bianca und Lars das Beste und bedanken uns für die gute Zusammenarbeit, die Offenheit und die positiven Energien, die wir bei jeder unserer Begegnungen sehen, fühlen und erleben durften.«

Von Anfang an dabei: Projektmanagement und Systemarchitektur.

Ist die Vorentwicklung erst einmal abgeschlossen und gibt es eine ganz konkrete Idee und vielleicht auch schon erste Prototypen, kommt das Projektmanagement ins Spiel. Christian Kluin, Projektleiter bei Löwenstein Medical Technology seit fast 20 Jahren, und Lennart Paasch, Systemarchitekt für CARO, geben Einblicke in ihre Rollen und die Herausforderungen des Projektmanagements.

Die Aufgabe des Projektmanagers.

Ein Projektleiter bringt zusammen mit dem Projektteam, zu dem auch der Systemarchitekt gehört, die Projektidee und die notwendigen Fähigkeiten zusammen, um ein funktionsfähiges Produkt zu entwickeln – in diesem Fall CARO. 

Ein Systemarchitekt hat die Aufgabe, die Kundenanforderungen des Produktmanagements und die internen Anforderungen aus sämtlichen Unternehmensbereichen in technische Anforderungen zu übersetzen. Auf dieser Basis definiert er die Lösungskonzepte auf technischer Seite des Gerätes, woraufhin in Abstimmung mit den Schnittstellen, die sich im Unternehmen und insbesondere in der Entwicklung ergeben, das Gerät ausgearbeitet wird. 

„Man muss begeisterungsfähig sein, um das Team zu motivieren. Man muss eine soziale Kompetenz mitbringen, um zu wissen, wie man auf die Leute eingeht und ein gutes Miteinander schafft“, erklärt Christian Kluin auf die Frage, was ein Projektleiter mitbringen muss. Die Koordination der verschiedenen Funktionsbereiche ist essenziell für den Projekterfolg. Dies umfasst z. B. das Mechanical Engineering, das Qualitätsmanagement, den Einkauf, aber auch viele weitere Bereiche.

Ein besonders spannender Moment während der Entwicklung von CARO war für Lennart Paasch die sogenannte „Blindverkostung“. Experten aus der Unternehmensgruppe atmeten am fertigen Gerät, ohne es zu sehen, um unvoreingenommenes Feedback zu geben. „Die Reaktion auf das Gerät zu erleben und hautnah das Feedback mitzuerleben, das hat sehr viel Spaß gemacht“, erinnert sich Lennart Paasch.

Wie entstehen Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit? Das Usability-Team weiß Rat.

Weil wir es uns bei Löwenstein zur Aufgabe gemacht haben, besonders benutzerfreundliche Geräte auf den Markt zu bringen, sind Usability-Tests für uns nicht nur eine regulatorische Anforderung, sondern ein wesentlicher Bestandteil des Entwicklungsprozesses. Jessie Grewe, Usability-Managerin bei Löwenstein, gibt Einblicke in ihre Rolle und die Bedeutung dieser Tests. Usability, auf Deutsch Gebrauchstauglichkeit, beschäftigt sich mit der intuitiven und sicheren Anwendung eines Produkts. Ein gut gestaltetes Medizinprodukt muss leicht verständlich, effizient und sicher für die Anwender und Patienten sein.

Usability-Tests bei der Entwicklung von CARO.

Die Usability-Tests für CARO wurden sowohl entwicklungsbegleitend als auch entwicklungsabschließend durchgeführt. Dabei wurden spezifische Anwendergruppen definiert und repräsentative Probanden eingeladen und besucht. Diese mussten Aufgaben mit dem Gerät durchführen, während Jessie Grewe und ihr Team deren Verhalten sowie mögliche Besonderheiten und Anwenderfehler protokollierten. Die Tests deckten ein breites Spektrum an Aufgaben und Anwendern ab und stellten sicher, dass CARO auf Herz und Nieren geprüft wurde.

Die Entwicklung von CARO zeigt, wie wichtig die interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Entwicklung innovativer Medizinprodukte ist. Von der Vorentwicklung über das Projektmanagement und die Systemarchitektur bis hin zu den Usability-Tests – jeder Bereich leistet einen entscheidenden Beitrag zum Produkterfolg. Zusammen und mit dem Menschen im Mittelpunkt haben wir damit ein Produkt geschaffen, von dem wir glauben und hoffen, unseren Anwenderinnen und Anwendern einen echten Mehrwert zu bieten und unseren Patientinnen und Patienten zu einer besseren Lebensqualität zu verhelfen.