Sonata Polysomnographiesystem erweitert.

Neues 10-20 Neuromodul eröffnet vielfältige Anwendungsfelder.

Das moderne Polysomnographiesystem Sonata ist bekannt für seine Vielseitigkeit und seinen hohen technischen Standard. Mit seinen 76 Kanälen ist bereits eine Vielzahl von anspruchsvollen Einsatzmöglichkeiten durchführbar.

Durch das neue 10-20 Neuromodul wird das Sonata-System auf 21 EEG-Kanäle ausgeweitet und erfüllt damit die Anforderungen des international standardisierten 10-20 EEG-Systems. Das 10-20 EEG-System ist ein standardisiertes und international anerkanntes System zur Platzierung von Elektroden in der Elektroenzephalographie (EEG). 

Diese Erweiterung ermöglicht in der Praxis eine noch präzisere und umfassendere Schlafdiagnostik. Das 10-20 EEG-System findet Anwendung zur Ableitung und Interpretation von Hirnaktivitäten. Es wird eingesetzt für diagnostische EEGs, um Anomalien in der elektrischen Aktivität des Gehirns zu identifizieren, die auf eine Reihe von Zuständen hinweisen können, darunter Epilepsie und Schlafstörungen. 

Das 10-20 EEG-System basiert auf der Platzierung der Elektroden in Relation zu bestimmten anatomischen Landmarken des Kopfes. Die Positionierung der Elektroden erfolgt anhand bestimmter prozentualer Abstände zwischen den Elektroden. Die Ziffern „10“ und „20“ im Namen repräsentieren diese Prozentsätze. 

Wir haben in der Praxis nachgefragt, wann der Einsatz einer 10-20 EEG-Messung erforderlich ist und welche Merkmale und Besonderheiten es gibt. Dafür bedanken wir uns sehr herzlich bei Frau Prof. Barbara Schäuble, die mit uns ihre Praxiserfahrungen mit dem 10-20 EEG-System teilt.

Vita von Frau Prof. Dr. med. Barbara Schäuble.

Prof. Dr. med. Barbara Schäuble studierte Medizin in Freiburg (D) und Glasgow (UK). Nach Stationen in Zürich wurde die Facharztausbildung in Boston (US) (2001) und später auch mit dem FMH Schweiz (2022) komplettiert. Die weitere Ausbildung in der Epileptologie erfolgte an der Mayo Klinik (Rochester, MN (US)). Es folgten Schwerpunkttätigkeiten im Bereich prächirurgische Epileptologie und Pharmakotherapie an den neurologischen Kliniken der Universitäten von Michigan (US) und Bern (CH). Eine enge Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Epileptologie (Erlangen) führte dann 2015 zur außerplanmäßigen Professur für Neurologie (Epileptologie). Der Schwerpunkt der somnologischen Ausbildung und Tätigkeit erfolgte dann ab 2020 am Interdisziplinären Schlafzentrum des Bürgerspitals in Solothurn (Leitung Prof. Dr. med. M. Hatzinger). Aktuell ist Frau Professorin Schäuble in der ZURZACH Care als Leitende Ärztin mit den Schwerpunkten Rehabilitation und Schlaf tätig. 

ZURZACH Care betreibt zahlreiche Rehakliniken und ambulante Zentren, die auf neurologische, muskuloskelettale, internistisch-onkologische sowie psychiatrisch-psychosomatische Rehabilitation spezialisiert sind. Darüber hinaus gehören eine Unternehmung für Prävention und Reintegration sowie Tochter- und Partnerunternehmen im Bereich der Schlafmedizin an verschiedenen Standorten in der Deutschschweiz zu ZURZACH Care.

Frau Prof. Dr. med. Barbara Schäuble, leitende Ärztin der Neurologie in der Rehaklinik ZURZACHCare (Schweiz), setzt Forschungsschwerpunkte in den Bereichen Somnologie und Epileptologie.

Im Interview mit Frau Prof. Dr. med. Barbara Schäuble.

Können Sie unseren Lesern kurz erklären, was ein EEG und das 10-20 EEG-System ist, wofür es verwendet wird und wofür 10-20 in diesem Kontext steht?

Das EEG macht elektrische Aktivität des Gehirns sicht- und messbar. Es misst die Differenz der Potenziale zwischen zwei Orten am Kopf und verstärkt diese. Die Position der Ableitelektroden ist deshalb von großer Bedeutung. Zum einen für den Seitenvergleich innerhalb einer EEG-Untersuchung und zum anderen zum Vergleich von wiederholten Ableitungen einer oder auch zwischen Personen. 

Die Empfehlung, die Elektrodenpositionen zu standardisieren, geht auf den ersten internationalen EEG-Kongress in London im Jahr 1947 zurück. Auf Initiative von H.H. Jasper wurde auf dem vierten internationalen EEG-Kongress im Jahr 1957 das sogenannte 10-20-System vereinbart, das sicherstellt, dass die EEG-Ableitungen weltweit vergleichbar sind und auch eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Untersuchungen eines Patienten sicherstellt. Jede Elektrode hat eine definierte Platzierung und wird wie folgt ausgemessen: 

Die Ableitung nach „10-20 System“ mit bis zu 24 Elektroden, die an spezifischen anatomischen Landmarken des Kopfes positioniert werden, um eine detaillierte Messung der Hirnaktivität zu ermöglichen.

 

Fp=frontopolar, F=frontal, C=zentral, P=parietal, O=okzipital, T=temporal

„Standard Polysomnographie“ mit sechs Elektroden (grün und rot eingefärbt), die strategisch platziert sind, um verschiedene physiologische Parameter während des Schlafs zu überwachen, einschließlich Gehirnaktivität, Augenbewegungen, Muskelaktivität und Herzrhythmus.

Bei welchen medizinischen Fragestellungen (Krankheitsbildern) ist der Einsatz eines 10-20 EEG-Systems erforderlich und wofür wird dazu die vermeintlich hohe Anzahl von bis zu 21 EEG-Ableitungen benötigt?

Berichte über paroxysmale nächtliche Ereignisse sind für Neurologen, Schlafmediziner und Hausärzte keine Seltenheit, sind aber eine diagnostische Herausforderung. Bei Menschen mit Epilepsien sind Schlafstörungen und Schlafbeschwerden häufiger anzutreffen, so zum Beispiel die Obstruktive Schlafapnoe (OSA), übermäßige Tagesmüdigkeit, Schlaflosigkeit oder nächtliches Verhalten, das nicht der typischen Anfallssemiologie entspricht. Darüber hinaus können viele Arten von Bewegungen oder Ereignissen, die im Schlaf auftreten, Anfälle imitieren und fälschlicherweise als solche diagnostiziert werden. Häufige Beispiele sind NREM-Parasomnien, schlafbezogene Bewegungsstörungen und sogar REM-Verhaltensstörungen. 

Umgekehrt können Epilepsiesyndrome fälschlicherweise für eine Schlafstörung gehalten werden, wenn die Ereignisse ausschließlich im Schlaf oder beim Übergang vom Schlaf zum Wachzustand auftreten, zum Beispiel eine paroxysmale nächtliche Dystonie. 

Nächtliche Anfälle und Parasomnien weisen einige ähnliche Merkmale auf: Beide treten nachts auf, können mit einer Amnesie für das Ereignis einhergehen, den Schlaf beeinträchtigen und durch Stress oder schlaffragmentierende Faktoren ausgelöst werden. Gelegentlich können Schlafstörungen und Krampfanfälle auch gemeinsam auftreten.

Wie wichtig die Behandlung von Schlafstörungen, insbesondere von OSA, bei Anfallspatienten ist, wurde mehrfach gezeigt.

Die Anamnese mit Fremdbericht reicht häufig nicht aus, zu entscheiden, ob ein Patient an einer primären Schlafstörung, einer Epilepsie (insbesondere im Frontallappen) oder möglicherweise an beidem leidet. Selbst eine video-basierte Beobachtung der Bewegungen kann eine Einteilung erschweren. 

Das Routine-EEG ist traditionell der wichtigste diagnostische Test für Patienten mit Verdacht auf Epilepsie. Mit der Einschränkung, dass ein typisches Ereignis während der kurzen Aufzeichnung meist nicht erfasst wird. 

Epileptiforme Entladungen treten im EEG ausschließlich oder häufiger bei Schläfrigkeit oder im Schlaf auf, was im Routine-EEG, das in der Regel nur 20–30 Minuten aufzeichnet, oft nicht erfasst wird. Längere ambulante EEG-Untersuchungen liefern keine ausreichenden Informationen darüber, ob eine potenzielle Schlafstörung vorliegt, da die Kanäle für Atmung und Elektromyographie (EMG) fehlen. 

Bei der Standard-Polysomnographie (PSG), die zur Diagnose von Schlafstörungen und/oder zur Bewertung der Schlafarchitektur eingesetzt wird, werden in der Regel nur 4–6 EEG-Kanäle verwendet. Diese sind zwar für die Bestimmung des Schlafzustands geeignet, reichen aber oft nicht aus, um fokale iktale Aktivität zu erkennen. Interiktale epileptiforme Anomalien werden in den meisten Fällen nicht sichtbar gemacht. Dies wurde in mehreren Arbeiten auch gezeigt. 

Anhand dieser Überlegungen empfehlen wir am ehesten mehrtägige kombinierte Ableitungen, bis ausreichend Daten zum berichteten Symptom vorliegen und diese eindeutig zugeordnet werden können.

Viele Personen, die das erste Mal eine polysomnographische Patientenverkabelung sehen, fragen oft erstaunt: „Kann man mit den ganzen Kabeln überhaupt richtig schlafen?“ Jetzt werden bei einer 10-20 PSG noch bis zu 15 Elektroden mehr am Kopf positioniert als bei einer Standard-PSG. Sehen Sie in der Vielzahl an Sensoren und Elektroden, welche beim Patienten appliziert werden, eine Limitation in der Aussagekraft der nächtlichen Messungen?

Der Effekt der Herausforderung, in neuer Umgebung in voller Montage schlafen zu sollen, wird seit Jahren durchaus kontrovers diskutiert. Manche Schlafstudien zeigen den sogenannten „First-Night-Effekt“, wonach sich Schlafqualität und Schlafquantität in Abhängigkeit der Umgebung, der Erkrankung und des Alters reduzieren. Einige Schlaflabore reduzieren das, indem Patienten z. B. in einem Hotel abgeleitet werden, zu Hause in vertrauter Umgebung oder über eine gute Einführung im Schlaflabor. Insgesamt kommen die meisten Patienten mit den zusätzlichen Elektroden zurecht; sie werden weniger störend erlebt als ein Bauch- oder Thoraxgurt.

Wie viele Nächte lang wird eine Person mit 10-20 PSG gemessen?

Kurz formuliert, wird so lange gemessen, bis das Ereignis, was untersucht werden soll, stattfindet oder wenn der Patient nicht mehr möchte. Hier ist es wichtig, Informationen zu bekommen, in welcher Häufigkeit das Ereignis auftritt, um auch die Erwartungen des Zuweisers und des Betroffenen zu reflektieren. Bei sehr häufigen Ereignissen kann mit einer nächtlichen Ableitung das Ziel schon erreicht werden, so die Erfahrung. In der Regel empfehlen sich mehrere Tage, respektive Nächte. Dabei können Provokationsmanöver, wie Schlafentzug, unterstützend wirken.

Was ist Ihnen in Bezug auf die Darstellung und Analyse der EEG-Signale bei der Auswertung einer 10-20 PSG wichtig?

Für eine optimale Visualisierung sollte ein großer Monitor verwendet werden. Idealerweise arbeitet man mit zwei Monitoren nebeneinander, um die Daten übersichtlich darzustellen. Eine schrittweise Auswertung des umfangreichen Datenmaterials der nächtlichen Messung ist empfehlenswert, um präzise Ergebnisse zu erzielen. 

Im Detail können PSG (Polysomnographie) und EEG (Elektroenzephalographie) getrennt voneinander betrachtet werden. Für den jeweiligen Nutzer können eigene Montagen, sogenannte Ableitungen, vorprogrammiert werden, was die Benutzerfreundlichkeit erheblich steigert. Verschiedene Referenzpunkte werden von den Elektroden genommen, um eine individuelle EEG-Ableitung zu ermöglichen. 

Dabei sollten auch die Voranalysen berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist eine gute Signalqualität entscheidend für eine erfolgreiche Auswertung. Ebenso wichtig sind die fachliche Qualifikation und Ausbildung des eingesetzten Personals.

Können Sie von einer spezifischen Erfahrung berichten, bei der das 10-20 EEG-System entscheidend war?

Ein Zusammenhang zwischen Obstruktive Schlafapnoe (OSA) und Epilepsie wurde bereits früher vermutet. Ich erinnere mich an die Ableitung bei einem Patienten, bei dem wir zeigen konnten, dass bei den aufgezeichneten Anfällen auch eine OSA vorausging. Unter einer CPAP1-Therapie konnte dann die Anfallsfrequenz verringert werden. Leider war die Adhärenz an die Maskentherapie nicht gut und im Verlauf nahmen die Anfälle wieder zu

Welche Tipps würden Sie jemandem geben, der zum ersten Mal mit dem 10-20 EEG-System arbeitet? Welche Herausforderungen gibt es im Vergleich zu bisherigen PSG2?

Ich empfehle, sich von der komplexen Handhabung eines 10-20 EEG-Systems nicht abschrecken zu lassen. Mit zunehmender Erfahrung geht es schneller und manche Fragen lassen sich nur so lösen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein erfahrenes Team hilfreich ist sowie der Einsatz von zwei Personen bei der Verkabelung, sofern es möglich ist.

Welche Qualifikation muss das Personal haben (für die Verkabelung und für das Auslesen)?

Das Personal benötigt eine gute Ausbildung, respektive Anleitung, in der elektrophysiologischen Diagnostik und sollte eine hohe Motivation besitzen. Es braucht Erfahrung, die Kurven lesen und interpretieren zu können (sowohl EEG als auch PSG). Weiterhin muss der Umgang mit dem Patienten (Erste Hilfe, Testung im und nach dem Anfall) erlernt sein.

Frau Prof. Dr. Schäuble, haben Sie vielen herzlichen Dank für das Interview!

Sonata - kurz zusammengefasst:

  • Voll ausgestattete Polysomnographie nach AASM
  • 76-Kanal-PSG-System
  • AASM-Kompatibilität
  • Wifi-Datenübertragung während des Online-Studiums möglich
  • Unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten

1 Abkürzung für Englisch continuous positive airway pressure
2 Polysomnographie